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Ehespiritualität - Der Sehnsucht einen Namen geben

Spurensuche

Spiritualität ist ein Modewort geworden, geradezu ein Merkmal individualisierter Religiosität, vor allem auch ein „Lieblingswort" religiöser (außerkirchlicher) Strömungen, die von Esoterik, östlichen Religionen, humanistischer Psychologie usw. beeinflusst sind. In Büchern über Ehe und Partnerschaft wird dort ganz unbefangen Partnerschaft „als spiritueller Weg" bezeichnet oder als „Weg zur spiritueller Entfaltung"(1). Im kirchlichen Raum (2) wird „Ehespiritualität" in religiöser, theologischer Literatur heute zwar häufiger thematisiert als vor 10 oder 20 Jahren, es bleibt als Thema aber blass, wenig konkret und wird eher als Desiderat formuliert (3).

Ehe und Spiritualität - eine schwierige Verknüpfung?

Zunächst: Seitdem es christliche Ehepaare gibt, gibt es faktisch eine gelebte (implizit) Ehespiritualität als die Weise, in der Christen ihre Ehe im Kontext ihres Glaubens leben, in der sie ihre Ehe als Sakrament verstehen und leben. Eher selten aber wurde in der christlich-spirituellen Tradition die Ehe ausdrücklich als spiritueller Weg verstanden bzw. verdeutlicht, was es heißt, Ehe-Wege als spirituelle Wege zu sehen und zu gestalten. Die lange Tradition einer Sicht der Ehe als „minderer Stand" gegenüber dem Stand der Vollkommenheit (der Ehelosen), die Wertung der Ehe als geteilte Liebe (4) im Gegensatz zur ungeteilten Liebe der Priester und Ordensleute mit der engen Verknüpfung von Spiritualität und Ordensleben (und der „Trennung" von Spiritualität und Sexualität) (5), dazu eine eher wesensmetaphysische, statische Sicht des Ehesakraments haben zumindest bis zum II. Vatikanischen Konzil einer thematischen und praktischen Entfaltung von „Ehespiritualität" wenig Chancen gegeben. Erst nachdem im Kontext einer Erneuerung der Ehetheologie durch das II. Vatikanum, und seinem Hinweis, dass alle Christen jedweden Standes zur Vollkommenheit berufen sind, wird vor allem unter christlichen Ehepaaren selbst das Thema „Ehespiritualität", die Suche nach einer zeitgemäßen Gestalt von Ehespiritualität lebendig, vor allem in (geistlichen) Ehepaargemeinschaften wie z.B. „Marriage Encounter" oder den „Equipes Notre Dame", weniger in unseren „normalen" kirchlichen Kontexten. Bei aller Entkirchlichung gibt es doch bei den Menschen, auch bei Ehepaaren einen Hunger nach spirituelle Vertiefung, und wenn sich heute Seelsorger bemühen, Menschen dort abzuholen, wo sie stehen, stehen dort auch Ehepaare, die ihrem Glauben und ihrer Gottessehnsucht in ihrer Ehe Raum geben möchten. Welche Perspektiven kann Ihnen eine Ehe-Spiritualität als spirituelle Deutung des Eheweges und als Anleitung zu einem spirituellen Leben in der Ehe geben? Den Grund aller Spiritualität sieht Ignatius in der Einladung an den Glaubenden, „Gott in allen Dingen (zu) suchen". Für verheiratete Christen, die Gott in ihrem Leben Raum geben wollen, die sich entschieden haben, mit all ihren (begrenzten) Kräften Christus nachzufolgen, ist ihre Ehe ihr gegebener Ort, Gott zu suchen, ihrem „Hunger und Durst" nach dem Reich Gottes eine Gestalt zu geben. Sie tun dies gemeinsam als Lebens- und Glaubensgefährten. Als Paar und in ihrem Leben als Paar öffnen sie ihre Liebe auf den Grund ihrer Liebe hin, öffnen sie sich für die Präsenz Gottes am „Ort" ihrer Ehe, machen sie sich gemeinsam auf den Weg zu dem, der immer schon da und immer voraus ist. Im Buch ihrer Ehe entziffern sie die Grammatik Gottes, in ihren Ehegeschichten buchstabieren sie die Geschichten Gottes. Der unstillbaren Sehnsucht, die sie in ihrer Liebe erfahren und die in allem Glück der Liebe nicht zu stillen ist, geben sie den Namen: Du - Gott! Dieses Suchen und Entdecken vollzieht sich in den konkreten Lebensprozessen ihrer Ehe:

Einander geschenkt sein
(6) Die Christusdimension der Ehe öffnet ich da, wo Ehepaare immer wieder neu annehmen, dass sie einander geschenkt und füreinander bestimmt sind. Im Staunen über diese Berufung zueinander, nehmen sie einander dankbar als Gottes Gabe an und feiern Gott als den Urheber ihrer Liebe.

Miteinander wachsen
In der Ehe geht es nicht darum, dass sich die Partner in der Verschmelzung verlieren, sondern dass sie sich im lebendigen Miteinander als zwei Einzelne zu ihrer Ganzheit entfalten. Das oft schmerzlich erfahrene Anderssein des Partners wird angenommen als Herausforderung zum Wachstum zu eigener und unverwechselbarer Gestalt. Indem die Gatten einander helfen, immer mehr das zu werden, was sie von ihrer Bestimmung her sind, nämlich einzigartiges Abbild Gottes, entfalten sie ihren Reichtum füreinander, und lernen, ihn auch als Reichtum Gottes zu entdecken.

Wachstum in der Hingabe
Wachstum zur personalen Ganzheit geschieht paradoxerweise nicht in der Abgrenzung vom anderen, sondern in der Hingabe an ihn. Während Hingabe meist mit "Selbstaufgabe", "Opfer", "Verzicht" negativ verbunden wird, zeigt die Grund-Form ehelicher Hingabe, die sexuelle Vereinigung, dass Hingabe und lustvolle Freude einander nicht ausschließen. In der sexuellen Begegnung lassen sich die Partner ganz los, überschreiten ihre Ich-Grenzen und nehmen zugleich das geliebte Du ganz in sich auf. Manchmal dürfen sie dabei als Geschenk erahnen, dass sie miteinander „heiligen Boden" betreten (haben) und dass sie in ihrer Berührung von Gott angerührt wurden - Erfahrung der Einheit von Gottes- und Nächstenliebe (7).

Einander tragen und ertragen
Das Glück der Hingabe, die Lust an der Liebe, muss sich bestätigen in der Mühsal der Hingabe im Alltag, im Bemühen, immer wieder neu ein Auge und ein Herz zu haben für den ehelichen Nächsten. und seine Bedürfnisse. Zu einer solchen „Askese der Entfaltung" gehört, seine Selbst-Herrlichkeit loszulassen, über seinen „Schatten" zu springen und für sich gerade zustehen im Gespräch und im Austragen von Konflikten, sich dabei auch vor dem anderen in seinen Grenzen zu zeigen und sich ihm so zuzumuten. Die Hingabe erweist sich in der Bereitschaft, den geliebten Nächsten in seinen Grenzen zu sehen und ihn „mitzunehmen" ohne Schuldzuweisung oder Herablassung. Je mehr Ehe in einer Wegwerfgesellschaft zur "Glücksanstalt" wird, wächst die Versuchung, die Last der Liebes-Arbeit abzuschütteln, Schuld aufzurechnen, dem anderen die eigene Enttäuschung anzulasten. Hier kann sich die Ehe von Christen als "Ernstfall der Nächstenliebe" (D. Mieth) zeigen: Wenn Ehepartner sich im Ahnen der unendlichen Liebe und Geduld Gottes, im Vertrauen auf sein unerschütterliches „Ja" dazu befreien lassen, Schuld einzugestehen, einander um Verzeihung zu bitten und Verzeihung zu gewähren, wird die Mühsal in neue Freude umschlagen und neues Wachstum und neue Nähe ermöglichen.

Kreuz und Auferstehung (8)
Wo die Ehe als Heilsweg menschliches und geistliches Wachstum eröffnet, gibt es auch Wachstumsschmerzen, Erfahrungen des Leidens an Grenzen, des Sterbens von Routinen und Sicherheiten. Hier begegnen die Ehegatten der Wirklichkeit des Kreuzes in den Kräften, die Entfaltung und Leben ersticken: dem Schweigen, der Öde, der Banalität, der Aggression, der Verletzung, dem Haß. "Kreuz-Tragen" bedeutet, sich den Todeskräften zu stellen in der Hoffnung, dass im Sterben und im Durchleiden der notwendigen Wachstumskrisen neue, lebendige eheliche Gemeinschaft „aufersteht". Kreuz und Auferstehung in der Ehe umschließen aber auch die Erfahrung des Scheiterns einer Ehe. Im „Tod" der Ehe kann Auferstehung bedeuten, dass die sich trennenden Partner ihre gemeinsame Geschichte nicht einfach zum "Nichts" erklären, sondern die guten Erfahrungen dieser Geschichte annehmen in dem Glauben, dass, was sie jetzt vielleicht als „Scheitern" erleben, sich wandeln kann in die Auferstehung neuer Lebens- und Heilsmöglichkeiten.

Christus begegnen
Der Sinn für die Nähe Gottes in der Ehe und die Sehnsucht nach dem Ziel ihrer Weg-Gefährtenschaft können nur lebendig bleiben, wenn die Ehepartner jeder für sich und gemeinsam immer wieder die ausdrückliche Begegnung mit Gott in Jesus Christus suchen in Formen des persönlichen Gebets, im Schweigen , in der Stille, im gemeinsamen Schweigen und Beten vor Gott, möglicherweise auch in der Entwicklung und Pflege einfacher religiöser Rituale, in denen sie ihren gemeinsamen Alltag und ihre Feste zeichenhaft mit Gott verbinden. Dazu gehört auch, die Unterschiede in der persönlichen Spiritualität, in der persönlichen spirituellen Entwicklung auszuhalten und zu respektieren. Viele Paare, die in ihrer Christusbeziehung wachsen möchten, erfahren immer wieder die Eucharistie als „Schutzhütte" und „Raststätte" ihres gemeinsamen Weges. Hier öffnet sich die eheliche Gemeinschaft hin auf ihre Mitte und ihren tiefsten Grund, hier gehen Paaren "die Augen auf " über die Gegenwart Christi in ihrer Weggemeinschaft.

Begleitung auf dem Weg

Auch wenn Paare selbst einander Begleiter sind, ihre Ehe als spirituellen Weg zu entdecken und zu leben, so brauchen sie doch auch einen Kontext, der ihnen Anregung und Hilfestellung für ihren Weg vermittelt. Welche Hilfe können Paare für sich finden?

Das Naheliegende wird oft übersehen: Die Entfaltung einer ehelichen Spiritualität braucht nicht zwingend besondere spirituelle Kursangebote, geistliche Gemeinschaften, Exerzitienhäuser usw., sie geschieht nicht erst da, wo ausdrücklich „Ehespiritualität" thematisiert wird. Vielmehr ist dort schon Wachstum ehelicher Spiritualität möglich, wo Paare als ihr „gemeinsames Drittes" eine Gemeinde finden, in der sie jeder für sich und gemeinsam zu Hause sein können, die in ihren Gottesdiensten lebendig ist, wo Raum ist für Glaubensgespräche, wo geistliche Gruppen oder Gemeinschaften willkommen sind, wo in Verkündigung und Liturgie Ehe-Geschichten thematisiert und gefeiert werden (9). Hier lernen Paare im Miteinander der Glaubenden auch für ihr Miteinander-Christsein in der Ehe. Natürlich braucht es auch besondere Zeiten und Orte, weil die Rhythmus von Alltagszeit und Hoch-Zeit, von Alltags-Leben und Rückzug, Innehalten, Ausschauen zum Leben und damit auch zum geistlichen Leben gehört. Zunehmend gibt es auf regionaler oder Bistumsebene (10) in Klöstern und geistlichen Gemeinschaften solche Angebote: Exerzitien im Alltag für Ehepaare (11) , Ehepaarexerzitien, Familienexerzitien mit Paarelementen, Kurse für Paarspiritualität usw. Dabei ist zweierlei bedeutsam: Es ist gar nicht immer wichtig, dass in solchen Angeboten die eheliche Beziehung selbst thematisch im Mittelpunkt steht, die Paare im Kurs gewissermaßen face-to-face sind, sondern dass sie wieder neu lernen, sich (gemeinsam) auf Gott auszurichten, die Zielrichtung ihres gemeinsamen Weges in den Blick zu nehmen, weil das gemeinsame Aus-Schauen auf den Dritten in ihrem Bunde ihr Miteinander stärkt: Die Weite Gottes bringt Weite in ihr Miteinander (12). Eheliches Miteinander und eheliche Spiritualität braucht das Herausgehen aus dem Paar-Raum, die Kontext-Erweiterung durch Begegnung mit anderen, um Neues zu entdecken und zu entwickeln: Paare lernen in der Begegnung mit anderen Paaren - dass es noch andere Ideen und Lösungen für Wachstums- und Beziehungsprobleme gibt; - dass sich eigene Probleme relativieren in der Erfahrung, dass es anderen nicht anders geht; - dass die gewünschte Veränderung eingefahrener Muster, die im paarlich-häuslichen Kontext „irgendwie" immer scheitert, auf einmal im Kontext einer Gruppe möglich wird, dass der veränderte Kontext Veränderungen ermöglicht.

Geistliche Begleitung

Eine solche Kontexterweiterung geschieht auch durch das Hinzukommen einer geistlichen Begleiterin, eines geistlichen Begleiters (13) . Die geistliche Begleitung von Ehepaaren wird in der Literatur über geistliche Begleitung kaum thematisiert, die vorhandenen Modelle sind traditionell meist individuumszentriert. Es gibt sie aber, die geistliche Begleitung von Paaren und Paargruppen (14): Paare fragen nach solcher Begleitung als Mitglieder geistlicher Gemeinschaften oder z.B. im Anschluss an (Paar-)Exerzitien. Manchmal geschieht es auch, dass sich eine geistliche Einzelbegleitung erweitert zu einer Paarbegleitung. Wie in jeder geistlichen Begleitung ist der Fokus des Gesprächs die Frage: Was führt uns eher zu Gott hin? Wie können wir unsere Paar-Erfahrungen, unsere Lebenserfahrungen zu Gott in Beziehung setzen und als Weg zu Gott verstehen und gestalten? In der Paarbegleitung (15)kristallisieren sich meist bestimmte zentrale Themen heraus, wie z.B. die folgenden: Berufung Paare entdecken tiefer ihre Ehe als Berufung zu einander und öffnen sich für die Frage, was in der jeweiligen Phase ihrer Ehe ihre gemeinsame Berufung ist im Dienst an den Menschen, an der Welt, an der Kirche: „Unsere Ehe muss zu mehr gut sein, als nur für uns selbst". Sexualität Paare machen sich - nicht selten in der Verarbeitung negativer religiöser Vorerfahrungen - auf den Weg, ihren Leib, ihre Sexualität (16) als gute Gabe Gottes zu sehen und anzunehmen. Sie holen sich Unterstützung, sich selbst und einander als „Tempel des Heiligen Geistes" in Ehrfurcht und Freude zu begegnen und öffnen sich für die Ahnung, dass auch und gerade ihre Sexualität (die ja oft als Gegenpol zu Spiritualität gesehen wurde) zum Ort der Gottesbegegnung werden kann (17). Spirituelle Intimität Paare auf ihrem gemeinsamen spirituellen Weg sind herausgefordert zu lernen, mit ihren Unterschieden in ihren geistlichen Prozessen umzugehen, eine Balance zu finden zwischen der persönlichen und der gemeinsamen Gottesbeziehung, Formen des gemeinsamen Gebets und des geistlichen Austauschs (18) zu finden , die Respekt zeigen vor dem Eigen-Leben des anderen, vor seinem Geheimnis mit Gott. Zum diesem Weg gehört auch, dass die Partner spirituelle Krisen, Dürrezeiten, Zeiten der Gottentfremdung durchmachen - und das zu unterschiedlichen Zeiten. Der betroffene Partner muss lernen, sich zuzumuten, der andere, eine gute Balance zwischen dem Nachgehen und dem Loslassen des Partners zu finden.

Ehespiritualität kein Instrument für Eheglück

Wenn auch zur Qualität einer Paarbeziehung ihre spirituelle Verankerung in der transzendentalen Dimension gehört (19), so ist doch die Ehespiritualität kein Instrument für Eheglück oder Ehegelingen. Ehen von Paaren, die einen spirituellen Weg gehen, sind keine besseren Ehen als andere, sie werden von keinen Krisen verschont. Wer Ehespiritualität instrumentalisiert, dem gilt das Verdikt Meister Eckeharts: „Ihr liebt Gott wie eine Kuh!" (von der Ihr Milch erwartet!) Ehespiritualität ist ein Weg, in der Ehe und als Glaubensgefährten zu lernen, Gott zu lieben um seiner selbst willen: „Gott allein genügt!" (Teresa von Avila) Diese schmerzliche und heilsame Relativierung der Ehe, welche die Ehe an ihren angemessenen Ort stellt, kann Paare von der Überforderung der „Nachreligion der Liebe" (20) entlasten, einander Gott sein zu sollen, einander alles Glück der Erde und des Himmels zu bieten. Diese Befreiung der Ehe als Fragment (21) macht Paare frei, einander als (begrenzte) Menschen zu lieben und anzunehmen, ihre Unzulänglichkeiten mit göttlichem Humor zu ertragen und ihre Ehe als Vor-Geschmack der Vollendung zu feiern.

Hans-Jakob Weinz

Anmerkungen  

1 so die Untertitel des Buches von John Welwood bzw. Barry u. Joyce Vissell
2 d.h. vor allem im europäischen Raum
3 Bei der Suche in einer Diözesanbibliothek unter dem Schlagwort „Ehespiritualität" bzw. „Ehe" und „Spiritualität" gab es keinen „Treffer"; im englischsprachigen Raum sieht es da sehr viel anders aus, vgl. z.B. Bruce Baker und Mary Anne McPherson Oliver...); seit fünf Jahren hat sich in Europa eine Arbeitsgruppe und Akademie (INTAMS) gebildet, die sich diesem Thema widmet und u.a. eine Zeitschrift (INTAMSreview) herausgibt
4 vgl Gottfried Bachl
5 vgl Mary Anne McPherson Oliver und Richard Rohr
6 Der folgende Abschnitt orientiert sich an meinen Überlegungen im Praktischen Lexikon der Spiritualität
7. „Ich meine dies: Gott und seine Ewigkeit will von ganzem Herzen geliebt sein, nicht so, dass darunter die irdische Liebe beeinträchtigt oder geschwächt würde, aber gewissermaßen als cantus firmus, zu dem die anderen Stimmen des Lebens als Kontrapunkt erklingen; eines dieser kontrapunktischen Themen, die ihre volle Selbständigkeit haben, aber doch auf dem cantus firmus bezogen sind, ist die irdische Liebe (...). Wo der cantus firmus klar und deutlich ist, kann sich der Kontrapunkt so gewaltig entfalten wie nur möglich", D. Bonhoeffer (1977), 331
8 vgl hierzu Lorenz Wachinger (1989),91ff
9 im Juni 2000 trafen sich 140 „Jubelpaare" (zwischen 25 und 62 Jahre verheiratet) in Köln zu Begegnung und Austausch und feierten mit weiteren ca. 150 Paaren im Kölner Dom einen Gottesdienst mit Erneuerung des Eheversprechens. Die begeisterten und dankbaren Rückmeldungen der Paare haben uns erst darauf aufmerksam gemacht, wie wenig wir solche Ereignise „nutzen".
10 z.B. im Erzbistum Freiburg, im Kölner Erzbistum, beispielhaft im Blick auf junge Paare das Erzbistum München
11 vgl Bernhard Liss
12 vgl. Antoine de Saint-Exupéry: „Die Erfahrung lehrt uns, dass die Liebe nicht darin besteht, dass man einander ansieht, sondern, dass man in die gleiche Richtung blickt; Khalil Gibran: „Laßt Raum zwischen eurem Beieinandersein..!"
13 Im Kontext der Ausdifferenzierung von Rollen und Kompetenzen in der Kirche, in der dem geistliche Begleiter, der geistlichen Begleiterin eine spezifische Kompetenz „unterstellt" wird, ist das in der Regel nicht der Gemeindepfarrer, sind es auch nicht mehr nur Ordensleute, sondern zunehmend „Laien" und unter diesen - gottseidank - viele Frauen.
14 vgl z.B. Renate Put
15 hilfreich ist als thematischer „Raster" für die Begleitung eine Theologie der Evangelischen Räte, welche die Räte als evangeliumsgemäße Kultur der drei zentralen menschlichen Antriebe (eben nicht nur für Ordenleute) versteht; s. dazu Pia Gyger, vgl. auch Renate Put
16 Trotz aller heutigen „Autonomie" der Paare im Umgang mit kirchlichen Normen wirken bei nicht wenigen Paaren die negativen kirchlichen Bilder von Sexualität nach, die ihr Gespür für das Gottesgeschenk vergiften. Aber auch bei Menschen mit Erfahrungen unbezogener sexueller „Freizügigkeit" ist nicht selten dieses Gespür verschüttet. Wenn Mißbrauchserfahrungen thematisiert werden, ist therapeutische Hilfe notwendig, auch wenn Gebet und heilende Rituale hilfreich sein können.
17 zu dieser geistlichen Dimension von Sexualität wohltuend befreiend Anselm Grün, Gerhard Riedl und Pia Gyger; Natürlich muss man sich dabei vor einer falschen spirituellen Überhöhung von Sexualität hüten, welche die Paare nach einer langen Zeit moralischer Überforderung jetzt in eine spirituelle Überforderung führen würde. Sexualität ist und bleibt eine begrenzte, gebrochene, weil menschliche Wirklichkeit. Das Ahnen der Nähe Gottes in der Sexualität ist ein Geschenk, eine Frucht des alltäglichen Bemühens in die Gottesliebe hineinzuwachsen. Diese Erfahrung ist nicht machbar.
18 die phasenweise sehr unterschiedlich sein können und immer wieder wechseln; das „Passende" finden zu helfen ist eine Kunst der Begleitung
19 wie der Ehepsychologe Hans Jellouschek zeigt, 131ff
20 vgl Ulrich Beck, Das ganz normale Chaos der Liebe, Frankfurt 1990, 231ff
21 zu einer Theologie des Fragments vgl Henning Luther

Literatur

Andriessen, Herman, Der Sehnsucht einen Namen geben, Mainz 1993
Bachl, Gottfried, Ganz oder halb? in: ders., Der beneidete Engel, Freiburg 1987, 65-83
Baker Bruce, O.Carm, Marital Spirituality, http://camelnet.org/sword/v59/Spirituality/Marital/marital.htm
Bonhoeffer, Dietrich, Widerstand und Ergebung, München 1977
Demmer, Klaus, Ehe - eine erfüllte Zeit, in: INTAMS review 5 (1999) 163-1969
Greeley, Andrew, Sexualität. Phantasie und Festlichkeit, Graz/Wien/Köln 1978
Griffiths, Bede, Das Geheimnis der Liebe, in: ders., Rückkehr zur Mitte, München 1987, 55- 71
Grün, Anselm, Riedl, Gerhard, Mystik und Eros, Münsterschwarzach 1993
Gyger, Pia, Mensch verbinde Himmel. Christliche Elemente einer kosmischen Spiritualität, Luzern/Stuttgart 1993
Jellouschek, Hans, Die Kunst als Paar zu leben, Stuttgart 1992
Liss, Bernhard, Exerzitien im Alltag für Ehepaare, Würzburg 1991
Luther, Henning, Identität und Fragment, in: Theologia Practica, 20 (1985) 317-338
Müller, Wunibald Ektasase. Sexualität und Spiritualität, Mainz 1992
Oliver, Mary Anne McPherson, Conjugal spirituality, in: Spirituality today 43 (1991) 53-67
Put, Renate, Leben in Fülle. Geistliche Begleitung für Ehepaare, in: Ehespiritualität. Materialdienst, hg. vom Referat Ehe und Familie, Köln 1989, 16-17
Rohr, Richard Sexualität - Die Sehnsucht, ganz zu sein, in: ders., Der nackte Gott, München, 1990, 111-123
Schaupp, Klemens, Gott im Leben entdecken, Würzburg 1994
Vissel, Joyce und Barry, Der gemeinsame Weg, München 1989
Wachinger, Lorenz, Paare begleiten, Mainz 1989
Weinz, Hans-Jakob, Art. „Ehe und Familie", in: Christian Schütz (Hg.), Praktisches Lexikon der Spiritualität, Freiburg 1988
Welwood, John, Durch Liebe reifen, München 1998
Zimmermann-Wolf, Christoph, Liebe - Trennung - Sehnsucht. Fragmente von D. Bonhoeffers Seelsorge in der Haft, in: Wege zum Menschen, 45 (1993), 280-288

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