Ehespiritualität - Der Sehnsucht einen Namen geben
Spurensuche
Spiritualität ist ein Modewort geworden, geradezu ein Merkmal individualisierter Religiosität, vor allem auch ein Lieblingswort" religiöser (außerkirchlicher) Strömungen, die von Esoterik, östlichen Religionen, humanistischer Psychologie usw. beeinflusst sind. In Büchern über Ehe und Partnerschaft wird dort ganz unbefangen Partnerschaft als spiritueller Weg" bezeichnet oder als Weg zur spiritueller Entfaltung"(1). Im kirchlichen Raum (2) wird Ehespiritualität" in religiöser, theologischer Literatur heute zwar häufiger thematisiert als vor 10 oder 20 Jahren, es bleibt als Thema aber blass, wenig konkret und wird eher als Desiderat formuliert (3).
Ehe und Spiritualität - eine schwierige Verknüpfung?
Zunächst: Seitdem es christliche Ehepaare gibt, gibt es faktisch eine gelebte (implizit) Ehespiritualität als
die Weise, in der Christen ihre Ehe im Kontext ihres Glaubens leben, in der sie ihre Ehe als Sakrament
verstehen und leben. Eher selten aber wurde in der christlich-spirituellen Tradition die Ehe ausdrücklich
als spiritueller Weg verstanden bzw. verdeutlicht, was es heißt, Ehe-Wege als spirituelle Wege zu sehen
und zu gestalten. Die lange Tradition einer Sicht der Ehe als minderer Stand" gegenüber dem Stand der
Vollkommenheit (der Ehelosen), die Wertung der Ehe als geteilte Liebe (4) im Gegensatz zur ungeteilten
Liebe der Priester und Ordensleute mit der engen Verknüpfung von Spiritualität und Ordensleben (und
der Trennung" von Spiritualität und Sexualität) (5), dazu eine eher wesensmetaphysische, statische Sicht
des Ehesakraments haben zumindest bis zum II. Vatikanischen Konzil einer thematischen und
praktischen Entfaltung von Ehespiritualität" wenig Chancen gegeben. Erst nachdem im Kontext einer
Erneuerung der Ehetheologie durch das II. Vatikanum, und seinem Hinweis, dass alle Christen jedweden
Standes zur Vollkommenheit berufen sind, wird vor allem unter christlichen Ehepaaren selbst das Thema
Ehespiritualität", die Suche nach einer zeitgemäßen Gestalt von Ehespiritualität lebendig, vor allem in
(geistlichen) Ehepaargemeinschaften wie z.B. Marriage Encounter" oder den Equipes Notre Dame",
weniger in unseren normalen" kirchlichen Kontexten.
Bei aller Entkirchlichung gibt es doch bei den Menschen, auch bei Ehepaaren einen Hunger nach
spirituelle Vertiefung, und wenn sich heute Seelsorger bemühen, Menschen dort abzuholen, wo sie
stehen, stehen dort auch Ehepaare, die ihrem Glauben und ihrer Gottessehnsucht in ihrer Ehe Raum
geben möchten.
Welche Perspektiven kann Ihnen eine Ehe-Spiritualität als spirituelle Deutung des Eheweges und als
Anleitung zu einem spirituellen Leben in der Ehe geben?
Den Grund aller Spiritualität sieht Ignatius in der Einladung an den Glaubenden, Gott in allen
Dingen (zu) suchen". Für verheiratete Christen, die Gott in ihrem Leben Raum geben wollen, die
sich entschieden haben, mit all ihren (begrenzten) Kräften Christus nachzufolgen, ist ihre Ehe ihr
gegebener Ort, Gott zu suchen, ihrem Hunger und Durst" nach dem Reich Gottes eine Gestalt zu
geben. Sie tun dies gemeinsam als Lebens- und Glaubensgefährten. Als Paar und in ihrem Leben als
Paar öffnen sie ihre Liebe auf den Grund ihrer Liebe hin, öffnen sie sich für die Präsenz Gottes am
Ort" ihrer Ehe, machen sie sich gemeinsam auf den Weg zu dem, der immer schon da und immer
voraus ist. Im Buch ihrer Ehe entziffern sie die Grammatik Gottes, in ihren Ehegeschichten
buchstabieren sie die Geschichten Gottes. Der unstillbaren Sehnsucht, die sie in ihrer Liebe erfahren
und die in allem Glück der Liebe nicht zu stillen ist, geben sie den Namen: Du - Gott!
Dieses Suchen und Entdecken vollzieht sich in den konkreten Lebensprozessen ihrer Ehe:
Einander geschenkt sein
(6)
Die Christusdimension der Ehe öffnet ich da, wo Ehepaare immer wieder neu annehmen, dass sie
einander geschenkt und füreinander bestimmt sind. Im Staunen über diese Berufung zueinander, nehmen
sie einander dankbar als Gottes Gabe an und feiern Gott als den Urheber ihrer Liebe.
Miteinander wachsen
In der Ehe geht es nicht darum, dass sich die Partner in der Verschmelzung verlieren, sondern dass sie
sich im lebendigen Miteinander als zwei Einzelne zu ihrer Ganzheit entfalten. Das oft schmerzlich
erfahrene Anderssein des Partners wird angenommen als Herausforderung zum Wachstum zu eigener
und unverwechselbarer Gestalt. Indem die Gatten einander helfen, immer mehr das zu werden, was sie
von ihrer Bestimmung her sind, nämlich einzigartiges Abbild Gottes, entfalten sie ihren Reichtum
füreinander, und lernen, ihn auch als Reichtum Gottes zu entdecken.
Wachstum in der Hingabe
Wachstum zur personalen Ganzheit geschieht paradoxerweise nicht in der Abgrenzung vom anderen,
sondern in der Hingabe an ihn. Während Hingabe meist mit "Selbstaufgabe", "Opfer", "Verzicht" negativ
verbunden wird, zeigt die Grund-Form ehelicher Hingabe, die sexuelle Vereinigung, dass Hingabe und
lustvolle Freude einander nicht ausschließen. In der sexuellen Begegnung lassen sich die Partner ganz los,
überschreiten ihre Ich-Grenzen und nehmen zugleich das geliebte Du ganz in sich auf. Manchmal dürfen
sie dabei als Geschenk erahnen, dass sie miteinander heiligen Boden" betreten (haben) und dass sie in
ihrer Berührung von Gott angerührt wurden - Erfahrung der Einheit von Gottes- und Nächstenliebe (7).
Einander tragen und ertragen
Das Glück der Hingabe, die Lust an der Liebe, muss sich bestätigen in der Mühsal der Hingabe im Alltag,
im Bemühen, immer wieder neu ein Auge und ein Herz zu haben für den ehelichen Nächsten. und seine
Bedürfnisse. Zu einer solchen Askese der Entfaltung" gehört, seine Selbst-Herrlichkeit loszulassen, über
seinen Schatten" zu springen und für sich gerade zustehen im Gespräch und im Austragen von
Konflikten, sich dabei auch vor dem anderen in seinen Grenzen zu zeigen und sich ihm so zuzumuten.
Die Hingabe erweist sich in der Bereitschaft, den geliebten Nächsten in seinen Grenzen zu sehen und ihn
mitzunehmen" ohne Schuldzuweisung oder Herablassung. Je mehr Ehe in einer Wegwerfgesellschaft zur
"Glücksanstalt" wird, wächst die Versuchung, die Last der Liebes-Arbeit abzuschütteln, Schuld
aufzurechnen, dem anderen die eigene Enttäuschung anzulasten. Hier kann sich die Ehe von Christen als
"Ernstfall der Nächstenliebe" (D. Mieth) zeigen: Wenn Ehepartner sich im Ahnen der unendlichen Liebe
und Geduld Gottes, im Vertrauen auf sein unerschütterliches Ja" dazu befreien lassen, Schuld
einzugestehen, einander um Verzeihung zu bitten und Verzeihung zu gewähren, wird die Mühsal in neue
Freude umschlagen und neues Wachstum und neue Nähe ermöglichen.
Kreuz und Auferstehung (8)
Wo die Ehe als Heilsweg menschliches und geistliches Wachstum eröffnet, gibt es auch
Wachstumsschmerzen, Erfahrungen des Leidens an Grenzen, des Sterbens von Routinen und
Sicherheiten. Hier begegnen die Ehegatten der Wirklichkeit des Kreuzes in den Kräften, die Entfaltung
und Leben ersticken: dem Schweigen, der Öde, der Banalität, der Aggression, der Verletzung, dem Haß.
"Kreuz-Tragen" bedeutet, sich den Todeskräften zu stellen in der Hoffnung, dass im Sterben und im
Durchleiden der notwendigen Wachstumskrisen neue, lebendige eheliche Gemeinschaft aufersteht".
Kreuz und Auferstehung in der Ehe umschließen aber auch die Erfahrung des Scheiterns einer Ehe. Im
Tod" der Ehe kann Auferstehung bedeuten, dass die sich trennenden Partner ihre gemeinsame
Geschichte nicht einfach zum "Nichts" erklären, sondern die guten Erfahrungen dieser Geschichte
annehmen in dem Glauben, dass, was sie jetzt vielleicht als Scheitern" erleben, sich wandeln kann in
die Auferstehung neuer Lebens- und Heilsmöglichkeiten.
Christus begegnen
Der Sinn für die Nähe Gottes in der Ehe und die Sehnsucht nach dem Ziel ihrer Weg-Gefährtenschaft
können nur lebendig bleiben, wenn die Ehepartner jeder für sich und gemeinsam immer wieder die
ausdrückliche Begegnung mit Gott in Jesus Christus suchen in Formen des persönlichen Gebets, im
Schweigen , in der Stille, im gemeinsamen Schweigen und Beten vor Gott, möglicherweise auch in der
Entwicklung und Pflege einfacher religiöser Rituale, in denen sie ihren gemeinsamen Alltag und ihre
Feste zeichenhaft mit Gott verbinden. Dazu gehört auch, die Unterschiede in der persönlichen
Spiritualität, in der persönlichen spirituellen Entwicklung auszuhalten und zu respektieren. Viele Paare,
die in ihrer Christusbeziehung wachsen möchten, erfahren immer wieder die Eucharistie als
Schutzhütte" und Raststätte" ihres gemeinsamen Weges. Hier öffnet sich die eheliche Gemeinschaft
hin auf ihre Mitte und ihren tiefsten Grund, hier gehen Paaren "die Augen auf " über die Gegenwart
Christi in ihrer Weggemeinschaft.
Begleitung auf dem Weg
Auch wenn Paare selbst einander Begleiter sind, ihre Ehe als spirituellen Weg zu entdecken und zu leben,
so brauchen sie
doch auch einen Kontext, der ihnen Anregung und Hilfestellung für ihren Weg vermittelt. Welche Hilfe
können Paare für sich finden?
Das Naheliegende wird oft übersehen: Die Entfaltung einer ehelichen Spiritualität braucht nicht zwingend
besondere spirituelle Kursangebote, geistliche Gemeinschaften, Exerzitienhäuser usw., sie geschieht nicht
erst da, wo ausdrücklich Ehespiritualität" thematisiert wird.
Vielmehr ist dort schon Wachstum ehelicher Spiritualität möglich, wo Paare als ihr gemeinsames
Drittes" eine Gemeinde finden, in der sie jeder für sich und gemeinsam zu Hause sein können, die in
ihren Gottesdiensten lebendig ist, wo Raum ist für Glaubensgespräche, wo geistliche Gruppen oder
Gemeinschaften willkommen sind, wo in Verkündigung und Liturgie Ehe-Geschichten thematisiert und
gefeiert werden (9). Hier lernen Paare im Miteinander der Glaubenden auch für ihr Miteinander-Christsein
in der Ehe.
Natürlich braucht es auch besondere Zeiten und Orte, weil die Rhythmus von Alltagszeit und Hoch-Zeit,
von Alltags-Leben und Rückzug, Innehalten, Ausschauen zum Leben und damit auch zum geistlichen
Leben gehört.
Zunehmend gibt es auf regionaler oder Bistumsebene (10) in Klöstern und geistlichen Gemeinschaften
solche Angebote: Exerzitien im Alltag für Ehepaare (11) , Ehepaarexerzitien, Familienexerzitien mit
Paarelementen, Kurse für Paarspiritualität usw. Dabei ist zweierlei bedeutsam: Es ist gar nicht immer
wichtig, dass in solchen Angeboten die eheliche Beziehung selbst thematisch im Mittelpunkt steht, die
Paare im Kurs gewissermaßen face-to-face sind, sondern dass sie wieder neu lernen, sich (gemeinsam) auf
Gott auszurichten, die Zielrichtung ihres gemeinsamen Weges in den Blick zu nehmen, weil das
gemeinsame Aus-Schauen auf den Dritten in ihrem Bunde ihr Miteinander stärkt: Die Weite Gottes bringt
Weite in ihr Miteinander (12).
Eheliches Miteinander und eheliche Spiritualität braucht das Herausgehen aus dem Paar-Raum, die
Kontext-Erweiterung durch Begegnung mit anderen, um Neues zu entdecken und zu entwickeln:
Paare lernen in der Begegnung mit anderen Paaren
- dass es noch andere Ideen und Lösungen für Wachstums- und Beziehungsprobleme gibt;
- dass sich eigene Probleme relativieren in der Erfahrung, dass es anderen nicht anders geht;
- dass die gewünschte Veränderung eingefahrener Muster, die im paarlich-häuslichen Kontext
irgendwie" immer scheitert, auf einmal im Kontext einer Gruppe möglich wird, dass der veränderte
Kontext Veränderungen ermöglicht.
Geistliche Begleitung
Eine solche Kontexterweiterung geschieht auch durch das Hinzukommen einer geistlichen Begleiterin,
eines geistlichen Begleiters (13) .
Die geistliche Begleitung von Ehepaaren wird in der Literatur über geistliche Begleitung kaum
thematisiert, die vorhandenen Modelle sind traditionell meist individuumszentriert.
Es gibt sie aber, die geistliche Begleitung von Paaren und Paargruppen (14):
Paare fragen nach solcher Begleitung als Mitglieder geistlicher Gemeinschaften oder z.B. im Anschluss an
(Paar-)Exerzitien. Manchmal geschieht es auch, dass sich eine geistliche Einzelbegleitung erweitert zu
einer Paarbegleitung. Wie in jeder geistlichen Begleitung ist der Fokus des Gesprächs die Frage: Was
führt uns eher zu Gott hin? Wie können wir unsere Paar-Erfahrungen, unsere Lebenserfahrungen zu Gott
in Beziehung setzen und als Weg zu Gott verstehen und gestalten?
In der Paarbegleitung (15)kristallisieren sich meist bestimmte zentrale Themen heraus, wie z.B. die
folgenden:
Berufung
Paare entdecken tiefer ihre Ehe als Berufung zu einander und öffnen sich für die Frage, was in der
jeweiligen Phase ihrer Ehe ihre gemeinsame Berufung ist im Dienst an den Menschen, an der Welt, an der
Kirche: Unsere Ehe muss zu mehr gut sein, als nur für uns selbst".
Sexualität
Paare machen sich - nicht selten in der Verarbeitung negativer religiöser Vorerfahrungen - auf den Weg,
ihren Leib, ihre Sexualität (16) als gute Gabe Gottes zu sehen und anzunehmen. Sie holen sich
Unterstützung, sich selbst und einander als Tempel des Heiligen Geistes" in Ehrfurcht und Freude zu
begegnen und öffnen sich für die Ahnung, dass auch und gerade ihre Sexualität (die ja oft als Gegenpol
zu Spiritualität gesehen wurde) zum Ort der Gottesbegegnung werden kann (17).
Spirituelle Intimität
Paare auf ihrem gemeinsamen spirituellen Weg sind herausgefordert zu lernen, mit ihren Unterschieden in
ihren geistlichen Prozessen umzugehen, eine Balance zu finden zwischen der persönlichen und der
gemeinsamen Gottesbeziehung, Formen des gemeinsamen Gebets und des geistlichen Austauschs (18) zu
finden , die Respekt zeigen vor dem Eigen-Leben des anderen, vor seinem Geheimnis mit Gott. Zum
diesem Weg gehört auch, dass die Partner spirituelle Krisen, Dürrezeiten, Zeiten der Gottentfremdung
durchmachen - und das zu unterschiedlichen Zeiten. Der betroffene Partner muss lernen, sich
zuzumuten, der andere, eine gute Balance zwischen dem Nachgehen und dem Loslassen des Partners zu
finden.
Ehespiritualität kein Instrument für Eheglück
Wenn auch zur Qualität einer Paarbeziehung ihre spirituelle Verankerung in der transzendentalen
Dimension gehört (19), so ist doch die Ehespiritualität kein Instrument für Eheglück oder Ehegelingen. Ehen
von Paaren, die einen spirituellen Weg gehen, sind keine besseren Ehen als andere, sie werden von keinen
Krisen verschont.
Wer Ehespiritualität instrumentalisiert, dem gilt das Verdikt Meister Eckeharts: Ihr liebt Gott wie eine
Kuh!" (von der Ihr Milch erwartet!)
Ehespiritualität ist ein Weg, in der Ehe und als Glaubensgefährten zu lernen, Gott zu lieben um seiner
selbst willen: Gott allein genügt!" (Teresa von Avila)
Diese schmerzliche und heilsame Relativierung der Ehe, welche die Ehe an ihren angemessenen Ort stellt,
kann Paare von der Überforderung der Nachreligion der Liebe" (20) entlasten, einander Gott sein zu sollen,
einander alles Glück der Erde und des Himmels zu bieten. Diese Befreiung der Ehe als Fragment (21) macht
Paare frei, einander als (begrenzte) Menschen zu lieben und anzunehmen, ihre Unzulänglichkeiten mit
göttlichem Humor zu ertragen und ihre Ehe als Vor-Geschmack der Vollendung zu feiern.
Hans-Jakob Weinz
Anmerkungen
1 so die Untertitel des Buches von John Welwood bzw. Barry u. Joyce Vissell
2 d.h. vor allem im europäischen Raum
3 Bei der Suche in einer Diözesanbibliothek unter dem Schlagwort Ehespiritualität" bzw. Ehe" und
Spiritualität" gab es keinen Treffer"; im englischsprachigen Raum sieht es da sehr viel anders aus, vgl. z.B.
Bruce Baker und Mary Anne McPherson Oliver...); seit fünf Jahren hat sich in Europa eine Arbeitsgruppe und
Akademie (INTAMS) gebildet, die sich diesem Thema widmet und u.a. eine Zeitschrift (INTAMSreview)
herausgibt
4 vgl Gottfried Bachl
5 vgl Mary Anne McPherson Oliver und Richard Rohr
6 Der folgende Abschnitt orientiert sich an meinen Überlegungen im Praktischen Lexikon der Spiritualität
7. Ich meine dies: Gott und seine Ewigkeit will von ganzem Herzen geliebt sein, nicht so, dass darunter die
irdische Liebe beeinträchtigt oder geschwächt würde, aber gewissermaßen als cantus firmus, zu dem die
anderen Stimmen des Lebens als Kontrapunkt erklingen; eines dieser kontrapunktischen Themen, die ihre volle
Selbständigkeit haben, aber doch auf dem cantus firmus bezogen sind, ist die irdische Liebe (...). Wo der cantus
firmus klar und deutlich ist, kann sich der Kontrapunkt so gewaltig entfalten wie nur möglich", D. Bonhoeffer
(1977), 331
8 vgl hierzu Lorenz Wachinger (1989),91ff
9 im Juni 2000 trafen sich 140 Jubelpaare" (zwischen 25 und 62 Jahre verheiratet) in Köln zu Begegnung und
Austausch und feierten mit weiteren ca. 150 Paaren im Kölner Dom einen Gottesdienst mit Erneuerung des
Eheversprechens. Die begeisterten und dankbaren Rückmeldungen der Paare haben uns erst darauf
aufmerksam gemacht, wie wenig wir solche Ereignise nutzen".
10 z.B. im Erzbistum Freiburg, im Kölner Erzbistum, beispielhaft im Blick auf junge Paare das Erzbistum
München
11 vgl Bernhard Liss
12 vgl. Antoine de Saint-Exupéry: Die Erfahrung lehrt uns, dass die Liebe nicht darin besteht, dass man
einander ansieht, sondern, dass man in die gleiche Richtung blickt; Khalil Gibran: Laßt Raum zwischen
eurem Beieinandersein..!"
13 Im Kontext der Ausdifferenzierung von Rollen und Kompetenzen in der Kirche, in der dem geistliche
Begleiter, der geistlichen Begleiterin eine spezifische Kompetenz unterstellt" wird, ist das in der Regel nicht
der Gemeindepfarrer, sind es auch nicht mehr nur Ordensleute, sondern zunehmend Laien" und unter diesen -
gottseidank - viele Frauen.
14 vgl z.B. Renate Put
15 hilfreich ist als thematischer Raster" für die Begleitung eine Theologie der Evangelischen Räte, welche die
Räte als evangeliumsgemäße Kultur der drei zentralen menschlichen Antriebe (eben nicht nur für Ordenleute)
versteht; s. dazu Pia Gyger, vgl. auch Renate Put
16 Trotz aller heutigen Autonomie" der Paare im Umgang mit kirchlichen Normen wirken bei nicht wenigen
Paaren die negativen kirchlichen Bilder von Sexualität nach, die ihr Gespür für das Gottesgeschenk vergiften.
Aber auch bei Menschen mit Erfahrungen unbezogener sexueller Freizügigkeit" ist nicht selten dieses Gespür
verschüttet. Wenn Mißbrauchserfahrungen thematisiert werden, ist therapeutische Hilfe notwendig, auch wenn
Gebet und heilende Rituale hilfreich sein können.
17 zu dieser geistlichen Dimension von Sexualität wohltuend befreiend Anselm Grün, Gerhard Riedl und Pia
Gyger; Natürlich muss man sich dabei vor einer falschen spirituellen Überhöhung von Sexualität hüten, welche
die Paare nach einer langen Zeit moralischer Überforderung jetzt in eine spirituelle Überforderung führen
würde. Sexualität ist und bleibt eine begrenzte, gebrochene, weil menschliche Wirklichkeit. Das Ahnen der
Nähe Gottes in der Sexualität ist ein Geschenk, eine Frucht des alltäglichen Bemühens in die Gottesliebe
hineinzuwachsen. Diese Erfahrung ist nicht machbar.
18 die phasenweise sehr unterschiedlich sein können und immer wieder wechseln; das Passende" finden zu
helfen ist eine Kunst der Begleitung
19 wie der Ehepsychologe Hans Jellouschek zeigt, 131ff
20 vgl Ulrich Beck, Das ganz normale Chaos der Liebe, Frankfurt 1990, 231ff
21 zu einer Theologie des Fragments vgl Henning Luther
Literatur
Andriessen, Herman, Der Sehnsucht einen Namen geben, Mainz 1993
Bachl, Gottfried, Ganz oder halb? in: ders., Der beneidete Engel, Freiburg 1987, 65-83
Baker Bruce, O.Carm, Marital Spirituality, http://camelnet.org/sword/v59/Spirituality/Marital/marital.htm
Bonhoeffer, Dietrich, Widerstand und Ergebung, München 1977
Demmer, Klaus, Ehe - eine erfüllte Zeit, in: INTAMS review 5 (1999) 163-1969
Greeley, Andrew, Sexualität. Phantasie und Festlichkeit, Graz/Wien/Köln 1978
Griffiths, Bede, Das Geheimnis der Liebe, in: ders., Rückkehr zur Mitte, München 1987, 55- 71
Grün, Anselm, Riedl, Gerhard, Mystik und Eros, Münsterschwarzach 1993
Gyger, Pia, Mensch verbinde Himmel. Christliche Elemente einer kosmischen Spiritualität, Luzern/Stuttgart 1993
Jellouschek, Hans, Die Kunst als Paar zu leben, Stuttgart 1992
Liss, Bernhard, Exerzitien im Alltag für Ehepaare, Würzburg 1991
Luther, Henning, Identität und Fragment, in: Theologia Practica, 20 (1985) 317-338
Müller, Wunibald Ektasase. Sexualität und Spiritualität, Mainz 1992
Oliver, Mary Anne McPherson, Conjugal spirituality, in: Spirituality today 43 (1991) 53-67
Put, Renate, Leben in Fülle. Geistliche Begleitung für Ehepaare, in: Ehespiritualität. Materialdienst, hg. vom Referat Ehe und Familie, Köln 1989, 16-17
Rohr, Richard Sexualität - Die Sehnsucht, ganz zu sein, in: ders., Der nackte Gott, München, 1990, 111-123
Schaupp, Klemens, Gott im Leben entdecken, Würzburg 1994
Vissel, Joyce und Barry, Der gemeinsame Weg, München 1989
Wachinger, Lorenz, Paare begleiten, Mainz 1989
Weinz, Hans-Jakob, Art. Ehe und Familie", in: Christian Schütz (Hg.), Praktisches Lexikon der Spiritualität, Freiburg 1988
Welwood, John, Durch Liebe reifen, München 1998
Zimmermann-Wolf, Christoph, Liebe - Trennung - Sehnsucht. Fragmente von D. Bonhoeffers Seelsorge in
der Haft, in: Wege zum Menschen, 45 (1993), 280-288